Ist Biofleisch zu teuer? … Wer kann sich das leisten?

Zuletzt aktualisiert am 16. Februar 2022

“Biofleisch ist viel zu teuer, das kann sich doch nicht jeder leisten!”

… ist ein Statement, das man oft hört oder liest, wenn um die Fleischproduktion diskutiert wird. Viele sagen, Menschen mit geringem Einkommen können kein Geld erübrigen, um teure Nahrungsmittel wie Biofleisch zu kaufen.  Nicht für sich selber und schon mal gar nicht für den Hund. Sie sind also auf das Fleisch aus der heutigen “Standardhaltung” angewiesen.
Wie siehst du das? Denkst du das auch? Oder bist du gar betroffen? Ist Biofleisch so teuer, dass du es nicht kaufen kannst? Kaufst du stattdessen billiges Fleisch im Discounter und nimmst in Kauf, dass die Tiere, von denen dieses Fleisch stammt, “nett” ausgedrückt kein schönes Leben hatten?

Wie alles begann …

Wer mein Buch Clean Feeding – Hunde natürlich füttern kennt, dem sind die folgenden Sätze bekannt:

Meine Mutter wurde gegen Ende des letzten Krieges geboren und wuchs in der Nachkriegszeit auf. Sie kannte noch viele Gerichte, die aus der Not entstanden waren, denn auch in den ersten Jahren nach dem Krieg herrschte viel Knappheit an Nahrungsmitteln und sogar Hunger. Ich weiß noch, dass sie uns Kindern manchmal „Mehlsuppe“ kochte, ein ganz einfaches Gericht aus Mehl, Wasser, etwas „guter“ Butter und etwas Zucker. „Die gute Butter“ ist ein Begriff, der ebenfalls in der Zeit nach dem Krieg geprägt wurde. Butter gehörte zur Mangelware, wie viele tierische Nahrungsmittel und war entsprechend wertvoll.

In den 50er Jahren nahm die deutsche Wirtschaft so richtig Fahrt auf, die Industrialisierung der Nahrungsmittel boomte, alle waren bestrebt den Mangel des Krieges weit hinter sich zu lassen. Jeder sollte sich täglich Fleisch und Wurst leisten können – aus Mangel wurde Masse. Durch die Massentierhaltung wurde es möglich, dass der Fleischkonsum nun stetig zunahm. Seinen Höchststand erreichte er in den 80er-90er Jahren, der Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr hatte sich innerhalb von 40 Jahren auf etwa 65 kg beinahe verdreifacht. Fleisch war nun in riesigen Mengen vorhanden und billig wie niemals zuvor.

Tiere und die Gefühle

Zu der Zeit, als die Massentierhaltung aufkam, vertrat man weitgehend noch die Meinung, Tiere hätten keine Gefühle. Insofern dachte man sich auch nicht viel dabei, die Tiere in Großställen einzupferchen, ihnen kein Tageslicht zu gönnen, so viele Tiere wie irgend möglich auf so wenig Platz wie möglich unterzubringen, sie ihr Leben lang (Tag für Tag für Tag!!) anzubinden, ihnen ohne Betäubung die Schwänze oder andere Körperteile abzuschneiden, sie in ihren eigenen Exkrementen stehen, leben oder liegen zu lassen (falls sie überhaupt liegen konnten), rau und grob mit ihnen umzugehen, sie zu schlagen und zu “züchtigen”, wenn sie sich nicht dem Willen des Menschen unterwarfen.

Wissenschaftlern war es nicht erlaubt, Tieren Namen zu geben. Sie mussten die Versuchstiere mit Nummern bezeichnen, damit den Tieren keine menschlichen Eigenschaften, wie z. B. Gefühle zugesprochen wurden. Tiere sollten Sachen sein, was sie dem Gesetzen nach auch waren.

Doch heute wissen wir es besser. Wir wissen, dass Tiere Schmerz empfinden, sogar dass sie Emotionen empfinden, die in unseren Augen menschlich sind, wie Trauer oder sogar Zuneigung. Wir wissen jetzt, dass auch Tiere leiden, wenn sie ein Leben führen, das ihren natürlichen Bedürfnissen nicht entspricht. Wir wissen das und trotzdem handeln wir häufig, als wüssten wir es nicht.

Die “Starköchin” Sarah Wiener hat es kürzlich in einem Fernsehbeitrag etwa so ausgedrückt: Wie kann es sein, dass etwas als Standard (also normal) angesehen wird, was eigentlich Tierquälerei ist?

Massentierhaltung ist Standard

Wir haben uns daran gewöhnt, dass Fleisch und Wurst billig sind und dass unsere Teller damit gefüllt sind. Wir haben uns auch daran gewöhnt, nur die besten Teile vom Tier zu essen und einen Großteil mittlerweile verschmähter Teile wegzuwerfen.

Pansen als Beispiel war ursprünglich kein Abfall, der für den Hund übrig blieb, nein, die Menschen haben das selber gegessen. Ebenso wie Lunge, Herz, Nieren, Euter oder auch Ochsenschwänze. Logisch, dass früher von einem Tier viel mehr Menschen satt werden konnten.

Kuttelnsuppe (Kutteln ist in Streifen geschnittener Pansen)

So war es früher …

Noch vor rund 100 Jahren war es nicht üblich, dass Menschen jeden Tag Fleisch und Wurst aßen. Tierische Nahrungsmittel waren teure Nahrungsmittel, die es nicht jeden Tag gab. Es stand einfach nicht so viel Fleisch zur Verfügung und das, was da war, wurde entweder teuer verkauft oder es wurde für den Eigenbedarf sorgsam eingeteilt. Es gab den Sonntagsbraten, es gab das Schlachtfest (schlachten war nicht alltäglich), es gab alle möglichen Gerichte, die darauf abzielten, soviel wie irgend möglich vom Tier zu nutzen, wenn es denn schon sterben musste.

Es gab auch für den Hund nicht die maßlose Fleischfütterung. Logisch, denn zum einen wurden viel, viel weniger Tiere geschlachtet, zum anderen wurde viel mehr von diesen Tieren für den Mensch verwertet. Hunde Barfen dürfte eine große Ausnahmeerscheinung gewesen sein, in deren “Genuss” nur wenige Hunde kamen, so z. B. vielleicht die Metzgerhunde.

Es war nicht alles “Friede, Freude, Eierkuchen”

Das heißt natürlich nicht, dass für alle Nutztiere “Friede, Freude, Eierkuchen” herrschte. Auch damals gab es viele Menschen, die nicht gut mit den Tieren umgegangen sind, weil sie es einfach nicht besser wussten. Auch da war so manche Tierhaltung sicher fernab von Idylle.

Trotzdem war es normal, dass ein Rind auf die Wiese gehörte, dass Hühner im Hof scharren und picken konnten, dass Schweine sich gerne im Dreck suhlten. Mensch und Tier waren sich noch recht nahe, man wusste über die natürlichen Bedürfnisse und es war weitestgehend normal, dass die Tiere diese ausleben konnten. Ein Rind fraß Gras und Heu, das Schwein bekam den Schweinebottich mit den Essensresten.

Wie gesagt, man unterstellte vielfach, dass Tiere keine Gefühle hätten. Da wir das heute besser wissen, stellt sich natürlich die Frage, was wir für Menschen sind, dass wir dieses Wissen weiterhin so hartnäckig ignorieren können.

Bio ist besser!

Heute haben wir die Massentierhaltung als Standard und die Biohaltung als Ausnahme. Auch wenn Bio nicht gleich Bio ist, ist es doch eine Kennzeichnung dafür, dass es den Tieren besser geht, als denen in der Massentierhaltung.

Angesichts der Tatsache, dass wir heute wissen, dass auch Tiere Gefühle haben, könnte man denken, es dürfte die Massentierhaltung so gar nicht mehr geben. Leider ist das nicht der Fall. Inwieweit wir diese vielleicht nicht immer aber doch sehr oft nicht artgerechte Tierhaltung unterstützen wollen, können wir Verbraucher mit unserem Kaufverhalten aber zumindest entscheiden.

Bio ist natürlich teurer, denn logischerweise kostet eine bessere Tierhaltung auch mehr Geld. Entscheidet sich z. B. ein Betrieb, den Tieren mehr Platz zuzugestehen und dafür weniger Tiere zu halten, muss er den “Verlust” über einen höheren Preis ausgleichen, damit er wirtschaftlich bleiben kann.

Wenn ein Tier artgerecht gehalten wurde, muss das Fleisch auch den entsprechenden Preis haben!

Das mit dem Preis ist ja überhaupt ein Problem! Viele Landwirte, die ihre Tiere gut und artgerecht halten wollten, mussten ihre Betriebe aufgeben, weil sie durch das Preisdumping nicht mehr wirtschaftlich arbeiten konnten. Wenn wir also wollen, dass es solche Landwirte weiterhin geben soll, müssen wir bereit sein, für das Fleisch das zu zahlen, was es wert ist.

Jeden Tag Fleisch – muss das sein?

Ja, man hat sich daran gewöhnt, dass jeden Tag Fleisch und Wurst auf dem Teller liegen. Aber muss das wirklich sein? Ist das überhaupt gesund? Sein muss es ganz sicher schon mal nicht. Niemand muss jeden Tag ein Schnitzel essen. Wir haben ja genug andere Nahrungsmittel, keiner verhungert hier, nur weil er nicht jeden Tag Fleisch isst.

Auch unsere Hunde benötigen nicht die Fleischberge, die aktuell in Mode sind. Das hat es so niemals gegeben, warum sollte das nun auf einmal nötig sein? Proteine – um die geht es ja dabei – sind auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln enthalten. Dem Organismus ist es letztendlich egal, ob die Proteine nun vom Tier oder von der Pflanze stammen. Wichtig ist, dass alle benötigten Aminosäuren geliefert werden, dafür muss es aber nicht der maximale Fleischanteil sein.

Ob sehr viel Fleisch auf Dauer ungesund ist, darüber ist man sich noch nicht ganz einig. Fest steht auf jeden Fall, dass hohe Fleischanteile sowohl bei Menschen als auch bei unseren Hunden die Leber und Nieren stärker fördern. Das muss nicht krank machen. Kommen aber noch weitere Belastungen dazu, kann das viele Fleisch durchaus ein “Zünglein an der Waage” sein. Was es definitiv nicht bringt, sind gesundheitliche Vorteile. Eine Überversorgung mit Proteinen bringt keinen gesundheitlichen Vorteil!

In einer  Kommission haben 37 Experten aus 16 Ländern und aus verschiedenen Disziplinen 2 Jahre lang den aktuellen Forschungsstand zur Welternährung zusammengetragen. Sie haben berechnet, wie eine gesunde und nachhaltige Ernährung aussehen könnte. In der daraus abgeleiteten Empfehlung für eine gesunde Ernährung spielt Fleisch nur noch eine Nebenrolle.

Qualität statt Quantität!

Wenn man weniger Fleisch füttert, isst, kauft, kann man durch die geringere Menge Geld sparen und sich auf diesem Weg dann vielleicht auch das teurere Biofleisch leisten. Ich lehne mich einmal etwas aus dem Fenster und behaupte, fast jeder, der täglich Fleisch isst, könnte sich auch Biofleisch leisten! Wenn … er seinen Fleischkonsum einfach einschränkt.

Und das kann man auch für den Hund umsetzen … weniger Fleisch füttern, dafür mehr bezahlen. Und auch mit der Integration von Essensresten im Futternapf (vom Teller in den Napf) kann man Geld sparen, das man dann in teureres Fleisch “investieren” kann.

Manchmal ist “ich kann nicht” eigentlich “ich will nicht”

Oft hält aber das Argument, man könne sich das nicht leisten auch einfach als Alibi her. Wer nicht auf sein tägliches Schnitzel verzichten möchte, kann sich das wohlmöglich in Bio tatsächlich nicht leisten. Es ist natürlich auch nicht ganz ohne Mühe, wenn man seine Ernährung so umgestaltet, dass man nur noch 2-mal die Woche Fleisch auf dem Teller hat, das will ich nicht abstreiten. Es ist aber möglich, wie unsere Großeltern uns noch gezeigt haben.

Wer sich diese Gedanken um die Tierhaltung nicht wirklich machen möchte, hat vielleicht mit der Preisargumentation auch für sich selber ein gutes Alibi parat: “was soll ich mir Gedanken machen, ich habe dafür eh zu wenig Geld!”. Das ist manchmal der bequeme Weg. Manchmal ist es aber auch einfach mangelndes Wissen. Oder einfach mangelndes Interesse.

Fazit

Es mag durchaus Menschen geben, auch hier bei uns in Deutschland, die so wenig Geld haben, dass sie sich, selbst wenn sie nur noch ganz wenig Fleisch essen, kein Biofleisch leisten können. Bei dem Großteil ist das so aber sicher nicht der Fall. Wer WIRKLICH kein Fleisch aus der “Standardtierhaltung” konsumieren möchte, hat z. B. mithilfe einer Änderung seiner Ernährung die Möglichkeit, auch Biofleisch bezahlbar zu machen. Das heißt nicht, dass es nicht auch Ausnahmen gibt.

Es kommt auch immer auf die eigenen Prioritäten an. Jeder entscheidet ja für sich selber, was wichtig ist und manch einem ist es eben einfach nicht wichtig, woher sein Fleisch kommt. Nicht wollen ist aber etwas anderes als nicht können und das hat dann nicht wirklich etwas damit zu tun, dass Biofleisch zu teuer wäre.

Wichtig ist, dass wir wieder lernen, den wahren Preis für Fleisch zu akzeptieren. Wenn 500g Schnitzel im Discounter 2,50€ kosten, kann das Schwein kein artgerechtes Leben gehabt haben.

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3 Kommentare

  1. Seh ich etwas anders. Biofleisch ist nur etwas teurer oder teurer, sondern massiv teurer. Bei Hühnchen und Schwein gerne Faktor 6. Und mit dem Fleischkonsum von Oma vorm oder kurz nach dem Krieg zu vergleichen, funktioniert auch nicht. Dort haben nämlich sehr wohl die Privilegierten und Reichen öfters Fleisch gegessen… Wollen wir das heute auch wieder?

  2. ” Jeder kann/könnte sich Biofleisch leisten”. Erzählen sie das mal jemandem, der Alleinverdiener ist, 2 Kinder hat, 1000€ Miete zahlt und keinen gut bezahlten Akademikerjob hat.

    • Hallo Stephan,

      es geht hier nicht um das “Leisten können”, sondern es geht um Prioritäten. Ich kann sehr gut verstehen, dass jemand, der täglich damit beschäftigt ist, über die Runden zu kommen, keine Energie übrig hat, sich auch noch um Tierleid Gedanken zu machen. Ich habe selber keinen “Akademikerjob” und kenne auch diese Seite der Medaille. Allerdings gibt es auch Menschen mit wenig Geld, die sich darüber Gedanken machen, was auf ihrem Teller landet. Man muss ja nicht mehr Geld ausgeben, um besser essen zu können. Dazu gehört Wille, Planung und Bereitschaft auf den Verzicht vom täglichen Schnitzel …

      Liebe Grüße
      Anke

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